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Das Haus der Großeltern

    Es gab schon immer Augenblicke in der Fotografie, die mich mehr reizen als irgendwelche schnöden Schnappschüsse. Dazu gehört zum Beispiel auch der emotionale Besuch des Hauses meiner verstorbenen Großeltern.

    Ich habe es nämlich versäumt, mich beim meiner Großmutter zu verabschieden. Nun ist sie mit 95 Jahren im Pflegeheim verstorben. Das klingt für mich immer unwürdig. Als ich 10 Jahre alt war, ist ihr Mann vom Mittagsschlaf nicht wieder aufgewacht. Was für ein Tod!

    Mir blieben nicht viel mehr Möglichkeiten, um mich den beiden anders zu nähern als ihren Lebensmittelpunkt aufzusuchen.

    Gottverlassen liegt das Dorf im Nirgendwo zwischen Harz und Eichsfeld. Es kauert sich zwischen kleine Hügel und dichte Wälder und versteckt sich vor der Welt. Von größeren Städten zu weit entfernt, um für Pendler eine interessante Alternative zu bieten. Zu klein, um Menschen zu halten.

    Die Alten sterben, die Jungen nehmen reißaus.

    Vielleicht kennst du das Gefühl der Nähe, das aber vom dem Wunsch, schnell wieder gehen zu wollen, geprägt wird. Wir haben uns nie wirklich nahe gestanden. Jegliches Heucheln wäre falsch und übertrieben.

    Erik hat seine Uroma nie kennengelernt.

    Trotzdem fand ich es interessant, das Haus besuchen zu können, das für die Bewohner nahezu der einzige Ort waren, an dem sie sich aufgehalten haben. Die beiden haben nie Urlaub gemacht. Reisen in andere Städte waren die absolute Ausnahme.

    Trotzdem scheinen die beiden ein glückliches und erfülltes Leben gelebt zu haben. Mein Großvater war Bergmann und hat nebenberuflich mit Getränken gehandelt und Körbe geflochten. Meine Großmutter ist im zweiten großen Krieg aus Schlesien geflüchtet und hat sich als Ehefrau um Kinder, Haushalt und Garten gekümmert.

    Sie waren immer da. Zuhause in der Buchtstraße in Kalefeld.

    Sony A7 mit Vivitar 28mm/2.5